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Wieso ich Frauen schlage – Die Sicht einer Täterin

Geständnisse eines Schlägers: Wieso ich Frauen schlage

Intro Redaktion

Dies ist die Geschichte einer Frau, die Frauen schlägt. Die folgenden Worte sollen ihr Verhalten weder entschuldigen noch erklären. Vielmehr sollen sie Menschen, denen es ähnlich geht, aufzeigen, dass Gewalt gegenüber Mitmenschen in jedem Falle unentschuldbar ist. Und dass Frau etwas dagegen unternehmen kann, ja, muss. Wer Gewalt gegenüber seinen Mitmenschen ausübt, tut das, weil er / sie eigene Defizite hat. Der Kern des Problems liegt beim Schläger selbst.  Das sollten sich auch die Opfer von Misshandlungen, seien sie nun psychischer oder physischer Art, immer vor Augen halten.

Meine Erziehung

Irgendwann in meiner Kindheit ist mein Herz gestorben. Ich kann weder lieben noch vertrauen. Auch mir nicht. Ich liebe mich nicht, ich vertraue mir nicht, wenn ich mir vornehme, zu den Frauen gut zu sein. Es klappt nicht. Dafür hasse ich mich. Sehr.

Gefühl Verzweiflung

Wenn ich abgewiesen werde, ein Nein bekomme, gehe ich zurück mit den Gefühlen. Nein bewirkt bei mir eine Art Regression (Zurückfallen in ein Kindheitsmster). Nein bewirkt also, dass ich zurückfalle und mich wieder wie ein Kind fühle. Damals fühlte ich mich immer abgewiesen, unzulänglich und nicht so akzeptiert wie ich bin. Ich schäme mich, weil ich nichts wert bin. Scham ist ein Gefühl, das sehr unerträglich ist, es schwankt so, man will im Boden versinken, kann den Anderen nicht in die Augen schauen. Ich weiss nicht wieso, doch oft wandelt sich das Gefühl in Aggression, die Spannung steigt. Ich möchte mich wehren, ich bin nicht wertlos. Dann geht die Scham und ich werde unglaublich aggressiv.

Oft bin ich auch einsam, vor allem eben darum, weil ich Frauen schlage. Ihnen nicht zuhören kann. Sie nicht wertschätze. Auch einsam, weil ich mich nicht wertschätze. Ich meine, wie kann ich mich wertschätzen, wenn ich so mit Menschen umgehe? Danach fühle ich mich oft verzweifelt und mache mir grosse Vorwürfe. Ich frage mich, was für ein Mensch ich bin.

Gründe:  Kein Bock auf Ohnmacht und Scham und Verletzlichkeit

Mein Psychiater sagt, als Kind sei ich oft Verletzungen ausgesetzt gewesen. Ich konnte mich wirklich nicht wehren. Ich sei ohnmächtig gewesen, da ich wusste, dass ich von den Eltern abhängig bin. Nichts ist schlimmer, als Opfer von Gewalt, auch emotionaler Gewalt zu sein, und sich nicht wehren zu können. Mein Therapeut, zu dem ich jetzt wöchentlich gehe, meint, viele Menschen, die in der Kindheit ohnmächtig waren, geben lieber sich selbst die Schuld. Sie denken, sie hätten was falsches getan, und die Schläge verdient, anstatt einzusehen, dass sie gar nichts dafür können. Das Gefühl der Schuld ist einfacher zu ertragen als die Scham oder ohnmächtig etwas ertragen zu müssen, ohne sich wehren zu können. Es war schwierig, dies zu verstehen. Auch ich war ohnmächtig. Mein Vater war immer jähzornig und ist ausgerastet, mein Bruder und ich gingen in ein Zimmer und weinten. Meine Mutter war wie immer schuld. Dann kam sie zu uns und weinte mit uns. Das ist nicht alles. Meine Mutter ist schwer persönlichkeitsgestört. Sie kann nicht auf Gefühle anderer eingehen und muss sich immer inszenieren. Darum verliess uns mein Vater. Ich konnte das alles nicht verstehen. Wie sollte ich auch, als Kind?

Er sagt auch, dass ich lieber aggressiv werde, als mich zu schämen. Weil ich mich wehren will, was ich als Kind nicht konnte. Er sagt auch, dass ich sehr verletzlich sei, aber keinen Bock darauf habe. Darum werde ich aggressiv. Er konnte mir vieles beibringen.

Mein Ziel

Ich habe nun erzählt, wieso ich oft ausraste. Es gibt natürlich überhaupt keine Legitimation für Gewalt und ich hasse mich dafür, fühle mich schrecklich. Nichts in der Welt entschuldigt, dass man andere schlägt. Das weiss natürlich auch ich. In meiner Therapie versuche ich, besser mit meinen Aggressionen klar zu kommen. Einerseits auch andere reden zu lassen, versuchen, ihre Meinung zu tolerieren. Eine andere Meinung ist ja auch eine Meinung. Die es genauso gilt zu akzeptieren wie meine. Ich muss nicht immer recht haben.  Dann geht es auch darum zu erkennen, wieso ich mich so abgewiesen, so wertlos, auch unzulänglich fühle, wenn jemand nein zu mir sagt.

Des Weiteren sammle ich momentan die Situationen, in denen ich ausraste, und versuche mit meinem Psychiater zu klären, was ich anders hätte tun können. Müssen. Auch meine Frau macht bei der Therapie mit.

Wir machen auch Rollenspiele. Ich muss merken, bevor ich ausraste, und dann weggehen, den Raum verlassen, kalt duschen oder einfach weg  fahren mit dem Auto. In den Wald gehen und Holz hacken. Dazu gehört eine gehörige Portion Achtsamkeit. Wie geht es mir eigentlich?

Therapie

In meiner Therapie habe ich mir Ziele gesetzt. Auch habe ich mit meiner Frau Kommunikationsregeln etabliert, die definieren, was erlaubt ist, und was nicht.
Bevor ich ausraste, sagt sie mir ein Wort, oder ich merke es selbst. Dann habe ich einen Plan, wie ich vorgehen muss, also einen Art Notfallplan zusammengestellt. Ich will lernen zu merken, dass ich am ausrasten bin, bevor ich am Ausrasten bin, denn dann habe ich noch die Handlungsoptionen, anders zu handeln. Wenn ich ausraste, dann geht nichts mehr.

Damit das funktioniert, hat mir mein Psychiater eine Spannungskurve gezeigt. Ich habe anhand meinen Gedanken gelernt, Gefühle, meine Spannung einzuschätzen. Diese Spannungstabelle muss ich immer ausfüllen. Nun merke ich, wie es mir eigentlich geht.

Ich verzichte auch auf den Konsum von Alkohol, ganz. Früher wurde ich oft ausfällig und beleidigend. Ich hatte mich nicht unter Kontrolle.

Sobald ich meine Gefühle besser regulieren kann, kann ich diese auch aufarbeiten, analysieren, wieso ich mich oft unzulänglich fühle, und meine Kindheit aufarbeiten. Damit ich mich befreien kann von meiner Last der Vergangenheit.

Zu mir

Ich bin 32 Jahre alt und lesbisch. Ich hoffe, meine Aggressionen unter Kontrolle zu bringen. Denn ich möchte meine Frau lieben und ihr gut tun. Das ist mir sehr wichtig. Ich hoffe sehr, dass wir das packen!



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