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Candy Bar Girls

Vor ein paar Wochen bin ich per Zufall auf die Reality-TV-Serie “Candy Bar Girls” gestossen. Und da wir ja up to date bleiben müsen, was es denn neues (trifft zu) und spannendes (muss sich erst noch zeigen) in der queeren Fernseh-Welt zu sehen gibt, hab ich mir gesagt: „Mindestens eine Folge musst du dir schon antun!“ Und das hab ich dann auch gemacht. Ob ihr es mir gleich tun wollt, könnt ihr nach den folgenden Zeilen entscheiden. Ich für meinen Teil habe meinen Auftrag erfüllt. Mission completed.

The Candy Bar needs a Relaunch

Die Candy Bar liegt im Londoner Stadtteil SOHO und lief in den letzten Monaten schlecht. Ihr Ruf war miserabel, was sag ich, ZERSTÖRT, und ein erster Blick in die Räumlichkeiten zeigt auch klar auf, woran das liegt: ALLES IST PINK. So erstaunt es denn auch nicht, dass die erste Amtshandlung von Gary, der ein erfolgreicher Gay Bar- und Gay Clubbetreiber ist, und den Laden neu übernimmt, darin besteht, ALLES, WAS PINK IST, RADIKAL ZU ENTFERNEN. Was braucht es sonst noch für einen erfolgreichen Re-Launch? Ein Aushängeschild. Also werden Lesben gecastet, die den neuen Style (der nicht wirklich definiert wird)  repräsentieren sollen. Dieser Aufgabe nimmt sich Sandra, DJane und Managerin der Bar, an. Und sie hat – verständlicherweise – sichtlichen Spass daran, sich mit hübschen Girls zu umgeben, kommt sie so doch unter Anderem auch in den Genuss von „sexy“ Tanzperformances. In Anbetracht dessen, dass sie sich ansonsten eher mit Baby-Kleidung auseinandersetzen muss, da ihre Freundin im 9. Monat schwanger ist, sei ihr diese willkommene Abwechslung von Herzen gegönnt.

The Candy Bar Girls

Von den bestimmt tausenden von Aspirantinnen, die UNBEDINGT das neue Gesicht der Candy Bar sein wollen, kriegt die Zuschauerin vor allem Danni zu Gesicht. Sie ist süsse 22, hat gerade ihr Studium abgeschlossen, sieht aus wie Jessie J in brünett, und ist mit ihrer Freundin nach London gezogen, um berühmt zu werden – sei es als Pole-Tänzerin (kein Talent), Model (kein Talent), oder wasauchimmer (Protagonistin einer Reality-TV Serie, vielleicht?). Während eines ersten Foto-Shoots, das den Neuanfang der Bar einläuten soll, werden der Zuschauerin dann auch die anderen Mädels, die in der Bar arbeiten, vorgestellt. Da wäre zum Beispiel Alex, die Bar-Supervisorin, die aus der australischen Pampa den Weg in die pulsierende Grossstadt gewagt hat, und totally in love mit ihrer Freundin, die rein von der Optik her auch ihre Zwillingsschwester sein könnte, ist. Alex hat weder Bock darauf, sich in ein grünes Kleidchen stecken zu lassen, noch in dieser Aufmachung im Rahmen des Relaunches vor der Kamera zu posieren. Sandra’s Lösung des Problems: Sie füllt ihre Bar-Chefin ab. Das nenn ich mal eine gute Managerin! Ihr grandioser Einfall hat zwar zur Folge, dass Alex urplötzlich unglaublich locker posiert, ja, gar alle Hemmungen ablegt, sich jedoch zu etwas späterer Stunde beim Gruppenfoto mit den Anderen nicht mehr auf den Beinen halten kann. Plumps und WELCOME TO ENGLAND, wo die Frauen schon um 17 Uhr knapp bekleidet und besoffen auf den Gehsteigen herumtorkeln!

The other Candy Bar Girls

Die weiteren Protagonistinnen, die irgendwie in Zusammenhang mit der Bar stehen (will heissen: sie waren beispielsweise schon mal anwesend, oder kennen eine, die eine kennt, die schon mal da war), sind allesamt zwischen 20 und 35 Jahre alt, und erzählen uns frisch von der Leber von ihrem Coming-Out, ihren Beweggründen, nach London zu ziehen, ihren Erfahrungen in der Szene, ihren Verflossenen und Aktuellen, sowie von ihren Träumen und Zielen. Zumeist handelt es sich dabei um Coiffeusen, Sängerinnen, DJanes, Journalistinnen, oder ehemalige Big Brother-Kandidatinnen. Oder – kurz: um Girls, die sich von ihrer Teilnahme an dieser überaus hoch stehenden Reality-TV Serie erhoffen a) mehr Frauen abzubekommen b) berühmt (für was auch immer) zu werden c) ihre Miete bezahlen zu können, oder d) einen neuen Job zu kriegen.

Fazit:

Die Welt der Candy Bar Girls ist zwar weder wirklich spannend noch interessant. Doch (traurig, aber wahr): mit deren Leben können sich die meisten sicherlich etwas besser identifizieren, als mit jenem der durchgehend gut aussehenden, schicken und erfolgreichen Protagonistinnen von L-Word. Grossartig amüsiert habe ich mich vor allem dank der wirklich tollen Dialoge. Beispiel gefällig? Danni, zur überaus grossen Überraschung einstimmig zum Gesicht der neuen Candy Bar gewählt, entscheidet, sich von ihrer Freundin zu trennen. Karriere geht ja schliesslich vor. Und um es ihrer Ex einfach zu machen, sagt sie ihr auf feinfühlige Art und Weise: „Hör zu, es ändert sich doch nichts grosses zwischen uns. Du ziehst einfach aus und wir sind nicht mehr zusammen. Ist doch halb so wild“. Trennung leicht gemacht! Muss ich mir merken.

Wer also auf der Suche nach einer Serie ist, die es Frau erlaubt, auf wunderbare Weise dem Eskapismus zu frönen, ist mit „The Candy Bar Girls“ gut bedient. Es versteht sich von selbst, dass zuvor jegliche Ansprüche an Qualität schön brav unter den Teppich gekehrt werden sollten. Weiter verfehlt die Serie ihr eigentliches Ziel, Werbung für die Bar zu machen, nicht. Ich muss zugeben: ich verspüre durchaus Lust, mir diese Szenerie mal live anzuschauen. Die eine oder andere Besucherin hatte nämlich durchaus ihren Reiz. Und: sollte die Candy Bar doch nicht auszuhalten sein, bietet der Londoner Stadtteil SOHO ja verschiedenste andere Ausweichmöglichkeiten…

PS: Die Serie könnt ihr euch übrigens hier ansehen



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