Kultur

Interview zur Frauenfussball-WM

Die Frauenfussball-WM 2011 in Deutschland ist vergangenen Sonntag zu Ende gegangen – und hat Siegerinnen hervorgebracht, mit denen wohl niemand zuvor ernsthaft gerechnet hatte. Statt einen stinknormalen Rückblick über dieses Turnier zu liefern (wie es ihn schon zu tausenden zu lesen gab), habe ich mich für ein Interview entschieden. Da ich aber keine Zeit hatte, um eine kompetente Antwortende zu organisieren, und ehrlich gesagt auch keine Lust verspürt habe, ein solches Gespräch mühsam zu transkribieren, werde ich die Befragung nun einfach mit mir selbst durchführen. Die Fragen kriege ich gestellt von … Andrea! (Das ist mein zweiter Vorname. Ich strotze geradezu vor Kreativität.) Und an alle, die meinen, ich hätte gerade voll die Meise, sag ich hier und jetzt: ein bisschen Schizophrenie schadet nie! Aber nun zurück zur WM…

Andrea: Fabienne, Hand aufs Herz, wie viele Spiele der Frauenfussball-WM hast du dir angeschaut?

Fabienne: Ich muss ehrlich gestehen: während der Gruppenphase war ich nicht sehr fleissig. Aber ab den Viertelfinals habe ich jedes Spiel verfolgt. Indianerinnenehrenwort.

Andrea: Und was war dein Highlight des Turniers?

Fabienne (euphorisch): Ach, da gab es Einige! Zum Beispiel …

Andrea (unterbricht): Ich habe nach EINEM Highlight gefragt.

Fabienne (trotzig): Wenn ich doch aber mehrere habe!

Andrea (bestimmt): Ich will aber nur eines hören!

Fabienne: Ok, dann war es der Moment, als Hope Solo ihr Trikot mit einer Japanerin getauscht hat, und nur im BH auf dem Rasen stand.

Andrea (enttäuscht): Echt jetzt? Das hab ich wohl verpasst.

Fabienne (cool): War auch ein Witz.

Andrea (angepisst): Total lustig.

Fabienne (auch angepisst): Selber schuld. Ist auch blöd, nur nach einem Highlight zu fragen.

Andrea (resigniert): Gut, dann nenn mir halt deine HighlightS.

Fabienne (zufrieden): Toll. Danke. Also, Highlight Nummer 1: Wie Marta den Elfer gegen die USA herausgeholt hat. Einfach genial. Einzigartig. Sie ist nicht umsonst seit 2004 ununterbrochen Weltfussballerin des Jahres – und das mit gerade mal 25! Dann natürlich das 2:2 durch Homare Sawa während des Finalspiels. Dieses Tor kam aus dem Nichts. Und Hopo Solo. Die kannte ich zuvor nicht. Sie hat mich sehr fasziniert.

Andrea: Meinst du ihre Leistung oder ihr Äusseres?

Fabienne: Beides. Sie war wahrscheinlich die beste Torhüterin des Turniers. Vielleicht ist sie gar die Beste der Welt. Da können sich Andere, die völlig planlos durch den Strafraum geflogen sind, eine Scheibe davon abschneiden. Und sie hat einen unbändigen Siegeswillen. Das sieht Frau in ihren Augen. Leidenschaft ist, was Sport ausmacht, und Leidenschaft ist, was sie verkörpert.

Andrea: Die Schiedsrichterinnen standen ja ziemlich in der Kritik. Wie siehst du das?

Fabienne: Nun, gewisse Leistungen waren definitiv unterirdisch. Die Dame, die das Spiel Deutschland gegen Nigeria gepfiffen hat, hätte wegen Beihilfe zur Körperverletzung anklagen können. Da gingen Nigerianerinnen mit gestrecktem Bein auf die Deutschen los, ohne auch nur ansatzweise den Ball treffen zu wollen. Ich an ihrer Stelle hätte die halbe nigerianische Frauschaft vom Platz gestellt. Eine Schiedsrichterin hat die Spielerinnen zu schützen. Und zwar von Anfang an.

Andrea: A propos Nigeria: Da gab es ja ziemliche Diskussionen um deren Trainerin Eucharia Uche…

Fabienne: Genau. Die hat ja seit ihrem Amtsantritt 2009 systematisch jede Spielerin aus dem Kader geworfen, die gerüchteweise lesbisch war. Wer ihr Interview in der New York Times gelesen hat, der hat gespürt, welche Verachtung sie gegen Frauen wie uns hegt. Homosexuelles Verhalten ist ihrer Meinung nach eine „dreckige Sache“, sowie „spirituell und moralisch sehr verwerflich“. Ihr Unverständnis gegenüber den aufgrund ihrer Aussagen resultierenden weltweiten Protesten hat einmal mehr aufgezeigt, wie stark verankert Homophobie in gewissen Teilen Afrikas ist. Da ist enorme Aufklärung nötig.

Andrea: Und die Rolle der FIFA in diesem Zusammenhang war ja auch nicht gerade rühmlich.

Fabienne: Naja, von der FIFA müssen wir diesbezüglich nichts erwarten. Die fadenscheinige Erklärung, dass keine offiziellen Informationen zum Fall Eucharia Uche vorliegen, und die Angelegenheit deshalb nicht weiter verfolgt werden kann, ist schlicht lachhaft. Würde sich die FIFA genauso gegen Homophobie einsetzen, wie gegen Rassismus, wäre diese Frau ihren Job schon längst los.

Andrea: Wechseln wir das Thema: Die WM fand in Deutschland statt, die Frauschaft ist aber schon „früh“, nämlich im Viertelfinale, ausgeschieden. Woran lag’s?

Fabienne: Schwer zu sagen. Das deutsche Team vermochte von Anfang an nicht wirklich zu überzeugen. Das Spiel nach vorne verlief nur harzig. Vielleicht waren sie zu nervös, vielleicht waren die Erwartungen zu gross. Sie sind technisch sicher eine der besten Frauschaften, haben aber ihr Potential nicht ausschöpfen können. Die Truppe ist im Umbruch. Neue, junge Spielerinnen sind dazu gestossen, und müssen zuerst richtig integriert werden. Deutschland wird wieder erstarken, da bin ich mir sicher.

Andrea: War vielleicht auch die ganze Polemik um Birgit Prinz ausschlaggebend für den Misserfolg?

Fabienne: Das hat sicherlich auch zu Unruhe beigetragen. Andererseits: wenn eine Spielerin nicht in Form ist, muss Frau Neid sie auch nicht aufstellen. Sie hat genügend andere Alternativen. Natürlich hat Birgit Prinz viel für den Frauenfussball getan in den letzen Jahren, und sie hätte sicherlich ein ruhmreicheres Ende ihrer Nationalfrauschaftskarriere verdient gehabt. Aber was bringt es, eine Spielerin auf dem Feld zu haben, die unter ihren Möglichkeiten bleibt?

Andrea: Hättest du mit dem Erfolg Japans gerechnet?

Fabienne: Nein, definitiv nicht. Ehrlicherweise muss Frau auch sagen, dass die USA schon nach 20 Minuten 3:0 hätten führen müssen. Doch wer die Tore nicht schiesst, kann nicht gewinnen. Japan hat diszipliniert gespielt, ist nie nervös geworden. Die haben einfach ihr Ding durchgezogen, auf ihre Chance gewartet, und sie genutzt. Und sie hatten Homare Sawa in ihren Reihen, die während des Turniers manchmal eine ganze Halbzeit lang kaum zu sehen war, und dann plötzlich aus dem heiteren Himmel den entscheidenden Pass spielt oder das entscheidende Tor geschossen hat. Wie gegen die USA. Das macht eine Ausnahmespielerin aus. Sie war für mich die Spielerin des Turniers.

Andrea (gelangweilt): So, ich hab nun keine Lust mehr. Wie wär’s mit einem schönen Fazit?

Fabienne: Die Frauenfussball-WM hat zumeist grossen Spass gemacht. Die Weltelite ist näher zusammengerückt und genau deshalb war das Turnier so spannend. Und: Der Sieg Japans hat einem ganzen Land nach grossem Leid endlich wieder sein so berühmtes Lächeln zurückgebracht. Es sei ihnen gegönnt.

Andrea (neugierig): Sorry, eine Frage hab ich noch: Wie kommst DU eigentlich dazu, dich für Frauenfussball zu interessieren?

Fabienne: Das ist ja wohl die dämlichste Frage des ganzen Interviews! Warum sollte ich mich nicht für Fussball interessieren? Ich hab sogar mal Fussball gespielt! Hättest du wohl nicht gedacht, hm? Blödes Schubladen-Denken!



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